Die kooperative Arbeitspraxis -
Eine Produktionsform in Frage stellen

Wolfram Höhne, Andreas Paeslack
 
Betrachtet man die Geschichte der Kunst am Bau und das Verhältnis zwischen Kunst und Öffentlichkeit in der Gegenwart, so entbehrt der Wunsch nach kooperativen künstlerischen Erarbeitungsformen nicht einer gewissen Logik. Kunst, die sich unmittelbar in der Öffentlichkeit befindet, verfügt über ein großes Publikum und ist einer breiten Kritik ausgesetzt. Fragen nach der gesellschaftlichen Situation, der Funktion von Kunst oder der Position der Auftraggeber werden in der Öffentlichkeit eher gestellt, als dies beispielsweise in Galerieräumen der Fall ist. Öffentliche Kunst hat sich soziale, politische und mediale Zonen angeeignet und ist längst nicht mehr skulptural oder geografisch festzulegen. Sie ist ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen geworden. Damit befindet sie sich in einem öffentlichen Rechtfertigungszusammenhang, aus dem sie nicht immer unbeschadet hervortritt. Die Dialogfähigkeit von Kunst und die Frage nach ihrer Adressierung gewinnen heute an Bedeutung. Das Publikum und der Respekt vor dessen Bedürfnissen ist zu einem zentralen Anspruch zeitgenössischer Produktionen avanciert. Die Frage worin diese Bedürfnisse bestehen, wird jedoch nach wie vor durch die Künstler definiert. Der Grund dafür ist ein Zeitproblem: Die Vorproduktion künstlerischer Arbeit und die darauf folgende Konfrontation des Adressaten mit dem Resultat verhindern die gegenseitige Einflussnahme. Sobald jedoch ein Projekt auf die Mitarbeit der Öffentlichkeit (meist einer definierten Teilöffentlichkeit) angewiesen ist, wird Überzeugungsarbeit über Sinn und Zweck zu einem integralen Bestandteil der Arbeit. Oftmals gerät das Anliegen öffentlicher Kunstproduktion jedoch in eine Einbahnstraße. Das Publikum kann in diesen Fällen zwar Entscheidungsträger sein und über die Realisierung eines Projektes bestimmen, während die Autonomie des Urhebers erhalten bleibt.
Kooperative Projekte beschreiten einen anderen Weg. Von Beginn an sind Auftraggeber, Publikum und Künstler gleichberechtigte Gesprächspartner, deren Gesprächskultur zum Ausgangspunkt der künstlerischen Praxis wird. Die Schnittebenen der unterschiedlichen Interessengruppen erweitern die persönliche Perspektive des Einzelnen. Das Resultat der Arbeit ist dadurch von hoher Komplexität. Der Adressat wird zum Mitautor.